Wir alle spielen zu jeder Zeit eine Rolle, doch im Gegensatz zu einem Schauspieler spielen Sie und ich die Rollen, die uns selbst ausmachen.

Ich zum Beispiel bin Mutter, Ehefrau, Geliebte, Freundin, Nachbarin – aber auch Geschäftsfrau, Vortragende, Seminarleiterin, Lehrerin, Therapeutin und vieles mehr.

Wenn ich Einkaufen gehe spiele ich eine andere Rolle, zeige eine andere Facette von mir, als wenn ich in einem Meeting sitze oder einen Vortrag halte. Jedesmal zeige ich mich anders – hinsichtlich meines Auftretens, meiner Stimmführung und meiner Sprechweise.

In meinem Ursprungsberuf als Sängerin und Schauspielerin habe ich das Betreten einer Bühne und das Präsentieren einer Rolle, d.h. das Darstellen gelernt.

Ich weiß mit welchen Mitteln man sich eine Rolle glaubwürdig erarbeitet und spielt – und dieses Wissen zu vermitteln ist heute zu meiner meine Berufung geworden. Vielleicht denken Sie jetzt: „Aber ich will doch nicht schauspielern, das ist doch Manipulation. Das ist doch dann nicht echt, nicht ehrlich… Ich will mich doch nicht verstellen…“ Und da haben Sie Recht. Denn es geht nicht darum, anderes zu sein, sondern es geht darum, Sie selbst zu sein, ganz aus Ihrer Mitte heraus.

Das erste Jahr einer Schauspielausbildung besteht darin, sich selbst zu entdecken, bis ins kleinste Detail. Bevor ich nicht weiß, WER ich bin kann ich nicht lernen, jemand anderes zu sein. Sonst wüsste ja ich nie, welche Anteile von mir selbst ich in eine Rolle mit hineinnehme, und es bestünde die Gefahr, mich in einer Rolle zu verlieren. Nur wenn ich mich selbst – komplett – sozusagen „an die Garderobe hängen kann“ ist es mir möglich, die jeweilige Rolle – ebenfalls komplett – anzuziehen und die beiden Rollen hinterher wieder tauschen zu können. Wenn ich mich selbst nicht wirklich gut kenne, werde ich mich auch nicht wiedererkennen bzw. wiederfinden als die, die ICH BIN.

Souveränität im Auftreten, in der Person entsteht durch die Fähigkeit, sich selbst wahrnehmen zu können – und zwar von innen heraus, aus der Mitte.

Wenn ich mich selbst spüre, „wahr“-nehme, wie ich zu jeder Zeit wirklich bin, kann ich mich entscheiden, anders zu sein. Ansonsten bin ich Spielball äußerer Einflüsse, Manipulationen, von Maßstäben, die andere an mich legen. Ich lasse mich also fremd bestimmen. Und somit weiß ich nie, was ich selbst wirklich will. Ich habe verinnerlicht, was andere mir eingeredet haben.

Spätestens in der Schule beginnt eine massive Gehirnwäsche, eine massive Infiltration von Glaubensmustern und Verhaltensweisen, die uns von außen übergestülpt werden. Mit dem ersten Schritt ins Leben beginnt eine Bewertungsspirale, wie wir zu sein haben, ob etwas gut oder schlecht ist, richtig oder falsch, ob wir ein „liebes“ oder ein „böses“ Kind sind, und das setzt sich unser ganzes Leben lang fort. Wir werden in die „Rollen“ hineingedrängt, die andere für

uns ausgesucht haben. Und wir fangen an, sie zu glauben. „Ich bin eben soundso, ich kann eben das oder das nicht“, bis hin zu der Überzeugung: „Ich bin nicht gut genug.“ Und dann versuchen wir „besser“ zu werden, „reicher“, „einfluss-reicher“, „berühmter“, wir wollen gesehen werden, eine „bedeutende“ Rolle spielen, denn wenn andere uns bewundern, zu uns aufschauen oder auch, sich vor uns fürchten glauben wir, aus der Minderwertigkeit herauszukommen. Weil wir gelernt haben, dass andere über uns bestimmen, das andere Recht haben, in dem, was sie über uns denken, streben wir danach durch Statussymbole, Geld, Macht oder Erfolg in den Augen der anderen „gut genug“ zu sein, damit wir uns selbst nicht mehr „schlecht“ fühlen müssen.

Deshalb ist es wichtig, sich irgendwann im Leben auf den Weg zu machen, um herauszufinden, wer wir wirklich sind. Wie wir „ticken“, wie wir vom Ursprung her angelegt sind. Denn wir können nur die Rollen spielen, für die wir geeignet sind, für die wir „gemacht sind“.

Als ich selbst noch am Theater war, entschied jede einzelne Vorstellung darüber, ob ich „ankam“ oder nicht, ob es mir gelang, das Publikum zu beeindrucken und anzusprechen. Jedes Vorsingen ein erneutes Sich-beweisen-müssen. Von jedem Engagement hing meine Existenz ab. Bühnenpräsenz, Wirkung und überzeugendes Auftreten, verbunden mit meinem künstlerischen Können war für mich „überlebenswichtig“.

Die Stimme als Erfolgsfaktor, als Indikator, als Transportmittel, als Handwerkszeug, als akustische Visitenkarte einer Person, als Stimmungsmacher für überzeugende Gesprächsführung ist aber nicht nur für einen Theaterschauspieler von entscheidender Bedeutung.

Welche Rolle die Stimme selbst in unserem Alltag spielt zeigen die vielen Ausdrücke, die wir benutzen, in denen das Wort „Stimme“ enthalten ist. Wir sprechen von der „Stimmigkeit“ einer Situation oder auch einer Person, von Selbst-Bestimmung oder Fremd-Bestimmung, wir stimmen etwas ab oder zu, wir erkennen, ob jemand verstimmt ist oder uns anspricht. Stimme macht Stimmung. Und Stimme zeigt Stimmung. Stimme ruft Zuneigung oder Ablehnung hervor. Die Stimme entscheidet Wahlen, und sie entscheidet darüber, ob wir uns wohlfühlen und entspannt sind oder ob wir lieber so schnell wie möglich ein Gespräch beenden wollen. Ganz besonders am Telefon, wenn uns das Bild des Gegenübers fehlt und wir nur die Stimme haben, an der wir uns orientieren. Stimmt’s?

Warum aber spielt die Stimme im wahrsten Sinne des Wortes so eine bedeutende Rolle? Wieso ist jeder von uns in der Lage eine Stimme zu deuten hinsichtlich der Person zu der sie gehört?

Das hat mit unseren frühesten Prägungen zu tun. Die Fähigkeit „in Stimmen zu lesen“ wird bereits im Mutterleib angelegt. Unser Gehör ist der erste Sinn, der in der 20. Schwangerschaftswoche schon vollständig ausgebildet ist. Er ist für ein Kind

überlebenswichtig. Das Neugeborene erkennt die Stimme der Mutter sofort nach der Geburt. Dann die des Vaters, und es unterscheidet von Anfang an, ob ihm eine Person wohlgesonnen ist oder nicht. Allein am Klang der Stimme weiß der Säugling, zu wem sie gehört.

Warum das so ist, erklärt uns die Gehirnforschung. Das Zentrum für unser Gefühl und das Zentrum für unsere Sprache sind mittelbar miteinander verbunden. Wir empfangen mit jedem gesprochenen Wort auch das damit verbundene Gefühl. Und wir senden mit jedem Wort ebenfalls unser damit verbundenes Gefühl. Außer, diese Verbindung wurde unterbrochen, z.B. bei einem Schlaganfall. Dann fehlt die Fähigkeit Gefühle zu übertagen ebenso, wie Gefühle in der Sprache zu empfangen. Und die Sprechweise gleicht einem Roboter.

Sprache ist also ein Reiz-Reaktionsvorgang. Der Hörende geht in Resonanz mit dem Sprechenden und empfängt so dessen Gefühl, als wäre es sein eigenes. Auf dieser Tatsache funktioniert jeder Film, jedes Musikstück. Wir erleben in der Übertragung bestimmter Schwingungsmuster die transportierte Emotion mit. Entweder in Worten oder Harmonien und Rhythmen.

Wir gehen immer in Resonanz, entweder kon-sonant oder dis-sonant.

Und schon Sokrates sagte: „Sprich, damit ich dich sehe.“ Damit ich weiß, wer du bist, denn das ist in der Stimme hörbar.

Im Laufe unseres Älterwerdens verlieren wir diese Fähigkeit mehr und mehr. Wir werden abgestumpft durch die Menschen, die uns „erziehen“, und die uns beibringen, dass Inhalte, die den Verstand füttern wichtiger sind als die Gefühle, die beim Hören einer Stimme ausgelöst werden, und die uns immer intuitiv die Informationen über die sprechende Person und ihre zugrundeliegenden Absichten übermitteln. Denken wurde im Laufe der Geschichte über das Fühlen und die Wahrnehmung gestellt. „Ich denke, also bin ich.“

Doch auch wenn wir das bewusste Hören mit allen Sinnen verlernt haben, sind die unbewussten Reiz-Reaktionen nie ganz verloren gegangen. Wenn wir also von „der Macht der Stimme“ sprechen, ist das keine leere Floskel, sondern die absolute Wahrheit. Wer seiner Stimme und der Sprache „mächtig“ ist besitzt die Macht über seine eigene Kraft, und kann alles erreichen, wozu er fähig ist.

Es lohnt sich also, in die eigene Stimme zu investieren, und sich „auf den Weg zu machen“, sich selbst wieder zu entdecken, und Meister seines Selbst werden.

Wenn Sie also Interesse an dieser Thematik haben, werden Sie in meinem Blog fündig werden. Ich freue mich, wenn Sie sich über meinen Newsletter informieren lassen, wann ich – in unregelmäßigen Abständen – weitere Beiträge über diesen Kanal poste.

Herzlich, Ihre Cornelia Fink